Für die qualifizierte städtebauliche Entwicklung der östlichen Innenstadt – Gedanken zu einem Göttinger Kulturhaus

In Göttingen gibt es kaum einen Platz, der in seiner Lage präsenter und sonnendurchfluteter ist, als der Albaniplatz. Durch Umbauten im Nationalsozialismus verschandelt und von ihnen als zentraler Aufmarschplatz missbraucht, ist der Platz heute aber eine öde Teer-, Stein und Betonwüste, die nur noch als Parkplatz dient. Wir verschenken so das unendliche Potential des Platzes.

Unmittelbar am Rande der Innenstadt gelegen, zwischen der Stadthalle und den Gebäuden am Wilhelmsplatz, der Ethnologie, dem Deutschem Theater, dem Städtischen Museum und angrenzend an den Cheltenham Park, muss der Albaniplatz als Standort der ersten Siedlung auf dem Gebiet der Stadt, dem Dorf „Gutingi“, und als ursprünglicher Teil des Göttinger Stadtwalls nicht nur seine städtebauliche Qualität zurückgewinnen, er kann gemeinsam mit der Stadthalle der attraktive Mittelpunkt eines lebendigen kulturellen Zentrum werden.

Deshalb streiten wir für ein einzigartiges Gebiet in Göttingen, das mit der Sanierung der Stadthalle, dem Umbau des Albaniplatzes und der Einbeziehung des Umfeldes zu einem beispielhaften kulturellen Zentrum für alle Bürgerinnen und Bürger der Stadt werden könnte.

Inspiriert z.B. durch das Kulturhuset in der Stockholmer Innenstadt und mit der Vision ein ständiges reges kulturelles Leben auf dem Platz und der Stadthalle am Tag und in den Abendstunden zu stiften, regen wir – im Wissen, dass dies zunächst nicht mehr als Ideen sind – an, mit dem Umbau der Stadthalle, durch die Umgestaltung und Einbeziehung schon bestehender und den evtl. Bau neuer Gebäude an diesem Ort

  • ein Veranstaltungszentrum beizubehalten, besonders für die Konzerte des Göttinger Sinfonieorchesters oder die Händelfestspiele, jedoch auch für viele andere bunte kulturelle Events,
  • Raum für eine Probestätte des Göttinger Sinfonieorchesters zu schaffen, um die teuren Instrumente vor dem Transport zu schützen und das Haus auch tagsüber zu beleben,
  • ein gastronomisches Angebot mit Außensitzplätzen zu ermöglichen (Café und Bar, um sowohl tagsüber als auch abends Angebote zu bieten),
  • einen Lesebereich – möglichst integriert in ein gastronomisches Angebot – einzurichten, in dem z. B. Bestände der Göttinger Stadtbibliothek in entspannter Atmosphäre und mit einem Kaffee gelesen, aber auch Bücher ausgeliehen werden können,
  • die Stadthalle und die Grünflächen des Cheltenham-Park bestmöglich zu verzahnen, um so z. B. Außenspielflächen für Kinder, Raum für eine Außengastronomie oder nur Orte zum Aufenthalt „im Grünen“ zu generieren,
  • die Parkflächen unter den Albaniplatz zu verlegen, um auch eine große Freifläche vor der Stadthalle zu gewinnen, die offen gestaltet ist für kulturelle Veranstaltungen wie Open Air Konzerte oder Kleinkunst, aber auch Aufenthalts- und Relaxfläche für alle Bürgerinnen und Bürger sein soll (wie z. B. im Wiener Museumsquartier),
  • einen Raum zu errichten, der als offene Galerie für temporäre Ausstellungen genutzt werden kann und allen Göttinger Kulturinstitutionen, aber auch anderen Künstlern und Künstlerinnen offen steht, und der zugleich Bürgerinnen und Bürgern Lust darauf macht, die Göttinger Galerien, Museen etc. selbst zu erkunden,
  • einen Kindergarten einzurichten – der von einem Göttinger Kulturverein getragen werden könnte – in Anlehnung an die vom ASC getragen Kitas – der generell das immer noch nicht ausreichende Kinderbetreuungsangebot der Stadt ergänzt, aber auch zu einigen Veranstaltungen, die abends in der Stadthalle (auch auch Deutschem Theater und anderen umliegenden kulturellen Institutionen) stattfinden, Kinderbetreuung direkt vor Ort für die Dauer der Aufführung anbietet,
  • eine Forschungseinrichtung des universitären Musikinstitutes zu integrieren, die einen offenen Dialog mit allen Besucherinnen und Besuchern anstrebt. So könnte beispielsweise ein Studierbereich angelegt werden, der es Bürgerinnen und Bürgern ermöglicht, Schallplatten zu digitalisieren, mit der Notationssoftware Sibelius oder anderer Software zum Notenscannen und Komponieren zu arbeiten,
  • den Reichtum aller unserer Kulturinstitutionen und ihre gute fußläufige Erreichbarkeit über die Wallanlagen von dort aus zu erschließbar zu machen..

Wir verstehen diese Vorschläge als Anregungen, die bei der Aufstellung, der Beratung und der Verabschiedung eines Rahmenplans für das Umfeld der Stadthalle eingehend auf ihre konzeptionelle und räumliche, aber auch finanzielle Realisierbarkeit geprüft werden müssen – und die in diesem Prozess auch ergänzt und verändert werden können. Die Stadt würde aber eine einmalige Chance verpassen, wenn sie bei der Diskussion um die anstehende Neugestaltung der Stadthalle nicht kreativ unter Einbeziehung des gesamten Umfeldes der Halle an der Verbesserung der Lebensqualität ihrer Bürgerinnen und Bürger und an ihrer Attraktivität als Tourismusort arbeiten würde.

Wir wissen, dass alle diese Vorschläge auch finanziert werden müssen und die Stadt dafür nur begrenzt Investitionsmittel zur Verfügung hat. Wir wollen auch nicht, dass dabei die Unterstützung bereits bestehender Kultureinrichtungen gekürzt wird. Wir sind aber auch  überzeugt, dass manche Idee sich wirtschaftlich selbst tragen kann und andere Ideen keine zusätzliche Belastung sein werden, weil sie, wenn nicht an diesem Ort, dann anderswo in Göttingen als kommunale Verpflichtungen erbracht werden müssten. Darüber hinaus sollten wir anstreben, für die Finanzierung kommunale Flächen zu vermarkten.

Wir meinen auch, dass mit der Neugestaltung des Albaniplatzes zu einem lebendigen und modernen Ort des gesellschaftlichen Lebens mahnend an die Zeit des Nationalsozialismus und die hier stattgefundene Bücherverbrennung zu erinnern ist,sich durch Lebendigkeit dem Schrecken entgegen zu stellen

Die Göttinger SPD hat bereits auf ihrer Delegiertenversammlung am 19. Mai 2015, in Anschluss hat die Fraktion der SPD im Rat der Stadt Göttingen in der Sitzung des Rates am 12. Juni 2015 beantragt, für das Gebiet der östlichen Innenstadt um die Stadthalle einschließlich des Cheltenham Parks, Ethnologie, Deutsches Theater und die Gebäude am Wilhelmsplatz einen städtebaulichen Rahmenplan gefordert.



Unsere Begründung gilt fort:

  1. Die Göttinger SPD hat keinen Zweifel, dass die Göttinger Stadthalle an ihrem Ort in der östlichen Innenstadt als Veranstaltungs- und Ort vielfältiger kultureller Veranstaltungen erhalten bleiben muss. Das Areal der Lokhalle jenseits des Bahndamms ist städtebaulich und kulturell keine Alternative.
  2. Es ist unbestritten, dass die Stadthalte 50 Jahre nach ihrer Errichtung der umfänglichen Sanierung bedarf. Die vorhandene Substanz verbietet Abriss und Neubau einer Stadthalle hier oder an anderem Ort. Das wäre wirtschaftlich unvernünftig.
  3. Die notwendige Refinanzierung der entstehenden Kosten, aber auch die zum Teil mangelnde Funktionalität der Stadthalle verlangen Ergänzungsbauten. Angesichts der sensiblen städtebaulichen Situation bedarf dies der qualifizierten städtebaulichen Planung.
  4. Dabei ist eine dem Ort angemessene Verdichtung der Bebauung unter Einbeziehung des Albaniplatzes vornehmlich zu Wohn-, aber auch gewerblichen Zwecken sorgsam zu prüfen und die Heilung der Verletzung der Wallanlagen zu untersuchen.
  5. Wünschenswert ist, dass hier Raum für gastronomische Nutzungen (Restaurant/ Biergarten) entsteht.

 

Dieser Rahmenplan wäre der Ort um in einem offenen gesellschaftlichen Diskurs über diese und alle anderen Ideen für diesen besonderen Ort in Göttinger zu reden. – Wir sind überzeugt: Es wird sich lohnen!