70 Jahre Grundgesetz

Am 23. Mai 1949 – heute vor 70 Jahren – wurde das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland erlassen. Mit ihm der Artikel 3 Absatz 2 „Männer und Frauen sind gleichberechtigt“. Diesen Satz verdanken wir der Hartnäckigkeit der Juristin Elisabeth Selbert, die in Göttingen studierte und hier promovierte.

Ihr Gleichberechtigungssatz für das Grundgesetz fand damals alles andere als Zustimmung im männerdominierten Parlamentarischen Rat. Mann rechnete allerdings nicht mit Selbert. Schon ihr Weg in das Gremium war steinig. Die aus Kassel kommende Sozialdemokratin und Frauenrechtlerin zog damals nicht für die hessische SPD in den Parlamentarischen Rat ein, sondern wurde durch den in Hannover sitzenden SPD Parteivorstand nach Bonn entsandt.

Als Selberts Anliegen dann auch im Parlamentarischen Rat auf wenig Gegenliebe stoß, startete sie eine beispiellose Kampagne. Selbert brach mit den damaligen Konventionen und mobilisierte außerhalb des Rates. Sie reiste durch das Land, hielt Vorträge und warb für ihr Anliegen – mit Erfolg. Den Parlamentarischen Rat erreichten mehrere zehntausend Eingaben aus ganz Deutschland, um den Gleichheitsgrundsatz im Grundgesetz zu verankern.

Als im Januar vor 70 Jahren dann – unter dem Druck aus der weiblichen Bevölkerung – zum vierten Mal über die Aufnahme des scheinbar einfachen Satzes „Männer und Frauen sind gleichberechtigt“ verhandelt wurde, hatte Selbert das unmögliche geschafft. Der Satz wurde einstimmig angenommen und als Artikel 3 (2) im Grundgesetz verankert.

Die Sozialdemokratin Elisabeth Selbert war eine von nur vier Frauen, die damals an unserer Verfassung mitwirkten. Als einzige der vier weiblichen Mitglieder des Parlamentarischen Rates zog sie später nicht in den ersten deutschen Bundestag ein. Nach ihrem Alleingang zur Gleichberechtigung stagnierte ihre politische Karriere. Selbert engagierte sich jedoch bis zu ihrem Tod 1986 in Kassel weiter für ihr Thema – die Geschlechtergleichheit: „In die Parlamente müssen die Frauen! Dort müssen sie durchsetzen, was ihnen zusteht!“ – es war für sie unerträglich, wie wenig Frauen – trotz der nun bestehenden formalen Gleichberechtigung in den Parlamenten vertreten waren.